Rodrigues – gerade 18 km x 8 km groß inmitten des Indischen Ozeans, 580 km vom Mutterland Mauritius entfernt, scheint im ersten Moment ein kleines Paradies zu sein.
Doch auch Paradiese können dunkle Seiten haben. So gibt es auf der knapp 42.000 Seelen-Insel eine Vielzahl von Kindern mit Behinderung. Fast alle kommen sie aus armen, bis sehr armen Familien. Sie wohnen meist im Inselinnern in beengten, spärlich eingerichteten Wellblechhütten ohne Fließwasser und manchmal auch ohne Strom.
Inzucht und oder starker Alkoholmissbrauch sind die häufigste Ursache dafür, dass so viele Kinder mit schweren Hör- oder Sehbehinderungen geboren werden. Einige bleiben auch geistig oder mehrfach behindert weit in der Entwicklung zurück.
Aufgefangen im wahrsten Sinne des Wortes werden diese Kinder im Gonzague Pierre Louis Special Learning Centre, einer kleinen Behinderten-Einrichtung in der Insel-Hauptstadt Port Mathurin. In Kindergarten und Schule werden sie von einem Lehrerinnen-Team liebevoll vorbereitet auf ein möglichst selbständiges und unabhängiges Leben.
Seit vier Jahren widmet das Lehrerinnen-Team einen Tag im Monat für individuelle Hausbesuche bei ihren Schülerinnen und Schülern. Zweck dieser Besuche ist es, Eltern und Geschwister der Betroffenen zu ‘trainieren‘, wie sie am besten mit der Tochter/dem Sohn umgehen oder ihre/seine besonderen Bedürfnisse verstehen lernen.
Bei ihren Besuchen erfahren die Lehrerinnen, in welcher Umgebung das Kind aufwächst, lernen Eltern, Geschwister sowie oft auch weitere Anverwandte kennen. Auf diese Weise lassen sich Hoffnungen und Sorgen der Kinder besser verstehen und kann ein Maßnahmenplan für die Familie erstellt werden, um das Kind in alle Richtungen: in medizinischer Hinsicht, nach seinen Fähigkeiten und in der seelischen Entwicklung zu fördern.
Diese Methode hat sich als sehr erfolgreich erwiesen, da es einigen Eltern nicht möglich war, zur Schule zu kommen um Ideen und Vorschläge mit den Lehrerinnen ihrer Kinder zu besprechen.
Die Kinder sind lediglich 6 Stunden am Tag in der Schule und benehmen sich möglicherweise zuhause völlig anders. Darum ist es wichtig zu erfahren, welche Fortschritte zuhause gemacht werden, oder welche Hindernisse es gibt.
Im Zuge eines zwanglosen Gespräches lernen die Lehrerinnen, was das schulische Verhalten des Kindes beeinflussen kann. So können sie auch besser mit ihm umgehen (z.B. Scheidung der Eltern, Tod eines nahen Verwandten, etc.).
Die Hausbesuche erfolgen nach einem Meeting, um dem Kind bestmöglich in seiner Entwicklung zu helfen, die Probleme zu bewältigen und andere Interessen, z.B. Sport, Kunst, Handwerk, etc. zu fördern. Und die Eltern werden über jede Veränderung im Plan informiert, so dass sie auch ihren Beitrag leisten können jede Tätigkeit des Kindes zu unterstützen.
Wenn alle Familien besucht wurden, soll ein endgültiger Bericht und ein Plan für die Zukunft erstellt werden.
Susan Auguste/Kathrin Seyfahrt
im Februar 2019