Petessiro – Ein Dorf wird modern

Das Dorf Pétessiro mit seinen rund 3.000 Einwohnern liegt innerhalb der Sahelzone im Nordwesten Burkina Fasos. Die Gegend ist geprägt von hoher Trockenheit während der meissten Monate des Jahres, unterbrochen lediglich von einer etwa viermonatigen Regenperiode. Der Großteil der Bevölkerung baut in landwirtschaftlichen Familienbetrieben Hirse, Mais, Süßkartoffeln, Hülsenfrüchte und Erdnüsse an. Wassermangel begrenzt allerdings diese Form der Landwirtschaft in zunehmendem Maße. Daneben spielt die Weidewirtschaft mit Rindern, Ziegen und Schafen eine wichtige Rolle. Jedoch gefährden Überweidung und illegale Abholzung durch Brennstoffbedarf die natürliche Vegetation zunehmend.

 

“Ich bin erst vor kurzem nach Pétessiro gekommen, aber ich bin angenehm überrascht über die Möglichkeiten in dieser Krankenstation. Es ist motivierend
unter solchen Bedingungen arbeiten zu können. Mein Team und ich sagen ‘DANKE‘ an Wunschträume und seine Partner.“
Madame Léa Zoungrana, Leiterin der Kranken- und Sozialstation

Vor 12 Jahren hat sich das Dorf an Wunschträume/Netzwerk für Mädchen- & Frauenprojekte e.V. gewandt und um Hilfe gebeten. Mit dem Bau der Kranken- und Sozialstation fing es an. Es folgten Aus- und Fortbildung von sogenannten Animatricen und Animateuren im Kampf gegen die weibliche Genitalverstümmelung, Renovierung und Ausbau der Dorfschule, Errichtung eines Ausbildungszentrums für Frauen, Brunnenbau, Installation von Solar-Anlagen, etc.

 

 

Seit gut zwei Jahren werden landwirtschaftliche Projekte gefördert mit dem übergeordneten Ziel, insbesondere für Frauen in dieser Region eine langfristige Einkommensquelle zu schaffen unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Umweltaspekten.

In Zusammenarbeit mit der örtlichen Bevölkerung und unseren Projektpartnern wurden dazu in den letzten Jahren drei Tätigkeitsfelder identifiziert: Bienenzucht, Herstellung von Karitébutter und die Einführung von verbesserten Feuerstellen. So wurde eine Gruppe von 28 Personen, darunter 8 Frauen, in den grundlegenden Techniken der Bienenzucht ausgebildet. Zusätzlich wurde die Anschaffung von modernen Bienenkästen und entsprechender Schutzkleidung für die Bienenzüchter/innen finanziert. Vor kurzem hat die Bienenzuchtgruppe ein Gebäude zur Ernte und Aufbereitung des Rohhonigs errichtet und die dafür nötigen Geräte angeschafft.

Ernte und Bienenzucht: Herstellung von Honig und Pflegeprodukten

 

Langfristiges Ziel dieses Projektes ist es, eine kleine Produktionseinheit für einen qualitativ hochwertigen Honig zu schaffen, der auf lokaler bzw. regionaler Ebene vermarktet werden kann. Zusätzlich sollen die Begünstigten weitere Produkte herstellen und vermarkten, wie reines Bienenwachs, Seifen und Hautpflegeprodukte auf der Basis von Bienenwachs sowie Propolis und Pollen. Mittlerweile wird bereits ein Teil des produzierten Honigs über die Hilfsorganisation AMPO in der Hauptstadt Ouagadougou verkauft.

 

Herstellung von Karité-Butter für die eigene Seifenproduktion

Die Herstellung von Karitébutter aus den Früchten des Karit-Baumes ist traditionsgemäß eine Aufgabe der Frauen in der Sahelzone. Das traditionelle Herstellungsverfahren der Karité-Butter ist körperlich sehr anstrengend und verbraucht sehr viel Brennholz und Wasser. Die Frauen sind bei dieser Arbeit einer hohen Belastung durch Rauchgase ausgesetzt. Die Verdienste, die Frauen damit erzielen, sind jedoch sehr niedrig, da die Weiterverarbeitung und Vermarktung überwiegend von männlichen Geschäftsleuten kontrolliert wird, die dadurch ein mehr als zehnfach höheres Einkommen als die Primärproduzentinnen erzielen.

Ziel dieses Projektes war es zunächst, den Aufschluss der Karité-Nüsse zu mechanisieren und einen vereinfachten Extraktionsprozess mittels einer Filterpresse zu etablieren. Dadurch konnte der beschwerliche Aufschluss der Nüsse erleichtert sowie der Brennholzbedarf um 80 % und der Wasserverbrauch um 90 % reduziert werden.

 

Die Produzentengruppe ist mittlerweile autark und vermarktet sowohl die Butter direkt als auch daraus hergestellte Seifen. Sie hat sich selbst eine Organisationsform gegeben: Neben einer Vorsitzenden wurden Verantwortliche für die Finanzen, den Ein- und Verkauf sowie für die Benutzung und Wartung der Geräte benannt.

 

 

 

Kinder aus sozial schwachen Familien, sowie Waisen oder Halbwaisen werden hier in den verschiedenen Jahrgangsstufen wie in der École primaire &
– secondaire und dem Lyzeum unterrichtet.

Beide Projekte haben auch direkte positive Auswirkungen auf das Umweltbewusstsein der Dorfbewohner. Grundlage sowohl für die Honigproduktion als auch für das Sammeln der Karité-Nüsse ist eine intakte Baum- und Strauchvegetation in der Dorfumgebung. Der Schutz dieser natürlichen Ressourcen ist somit von hohem Interesse für die Produzenten. Dies zeigt sich auch in einer spontanen Aktion der Bienenzüchter, ein größeres Areal einzuzäunen, damit der Aufwuchs von Baumsprösslingen vor freilaufenden Ziegen geschützt wird.

 

Eine weitere Umweltaktion war die Ausbildung einer Frauengruppe für die Anfertigung von verbesserten Feuerstellen. Durch den Gebrauch der traditionellen Drei-Steine-Feuerstellen geht ein Großteil der Wärmeenergie verloren. Deshalb wurde eine Frauengruppe ausgebildet, die Keramik-Öfen aus lokalem Tonmaterial herstellen kann. Mit diesen Öfen können ca. 50 % des Brennholzes eingespart werden. Die Frauengruppe wurde zusätzlich in der nachhaltigen Nutzung von verschiedenen Brennmaterialien geschult und gibt dieses Wissen an die Frauen der Dorfgemeinschaft weiter.

Madame Fatimata Belem: “Im Namen der Bevölkerung von Pétessiro sage ich DANKE für Ihr Engagement und die Entwicklungshilfe für unser Dorf.“

Unserer Einschätzung nach haben die beschriebenen Projekte zu einer signifikanten Verbesserung der Einkommensverhältnisse der beteiligten Dorfbewohner geführt. Als willkommener Nebeneffekt wurde auch das Umweltbewusstsein der Dorfbewohner verbessert. Diese Erfolge wären ohne den großartigen Einsatz unserer Vor-Ort-Projektpartner Mamoudou und Boureima Savadogo nicht möglich gewesen.  Ihnen sei an dieser Stelle sehr herzlich dafür gedankt. Madame Zourata Zonon: “Pétessiro ist meiner Ansicht nach ein Modell-Dorf. Dank der Entwicklung und Sensibilisierung seit nunmehr elf Jahren ist der Unterschied zu vorher sichtbar.

Mit einer gut ausgestatteten Kranken- und Sozialstation haben wir Pflege nun vor der Haustür. Wir haben eine gesunde Umwelt, unsere Kinder lernen unter idealen Bedingungen – wir sind überglücklich. Danke an Kathrin und alle ihre Unterstützer und Mithelfer.“

Seit dem Schuljahr 2017/2018 läuft ein Pilotprojekt für zunächst zehn Schüler (fünf Mädchen und fünf Jungen), die in der elf Kilometer entfernten Stadt Thiou die höhere Schule besuchen können. Täglich begleitet von einem Vertrauenslehrer fahren die Kinder mit dem Fahrrad zur Schule und wieder nachhause.

 

Bei durchschnittlich 40° C und Sandpiste nicht nur ein heißer Weg, sondern – insbesondere für die Mädchen – auch kein ganz ungefährlicher. Aus diesem Grund haben unsere Partnerorganisation vor Ort und die Dorfgemeinschaft um den Bau eines Internats in Schulnähe gebeten. Das Baugelände dafür wird von der Kommune zur Verfügung gestellt.

Madame Hawa Cisse: “Alle umliegenden Dörfer sprechen gut über Pétessiro. Vielen Dank allen Deutschen für die viele Unterstützung unserer Kinder in der Schule und im ganzen Dorf und der Kranken- und Sozialstation. Langes Leben Ihnen allen in Deutschland.“

Dr. Josef Endl – Kathrin Seyfahrt

 

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