Zufälle gibt es nicht –
oder wie es zu einer Benefiz-Filmvorführung kommt
Seit ich im Mai des Jahres 2005 die singhalesische Schauspielerin Anoja Weerasinghe und ihre Trauma-Arbeit für Tsunami-Betroffene in Colombo/Sri Lanka kennen gelernt habe, bin ich einmal mehr davon überzeugt, dass es keine Zufälle gibt, sondern alles im Leben Fügung ist und offensichtlich auch immer zum richtigen Zeitpunkt geschieht.
Bedarf es anfangs oft eines langen Atems, so scheint es dann plötzlich wie von selbst zu laufen. Aber lassen Sie mich von Anfang erzählen.
Es war damals Ende April und meine Sri Lanka-Reise stand kurz bevor, als mir meine Kollegin Elgin Heuerding die Telefonnummer der singhalesischen Schauspielerin Anoja Weerasinghe in die Hand drückte: „Wenn du in Colombo bist und dazu kommst, ruf’ sie doch mal an, schau dir ihr Projekt an und sag mir was du davon hältst.“
Und weil sich während meines Aufenthaltes in Sri Lanka eine Änderung meines Reiseplanes ergab – ich konnte nicht wie geplant nach Batticaloa in den Osten der Insel, denn dort hatte es einen Anschlag gegeben und es war ein Ausgehverbot verhängt worden – fügte es sich, dass ich Anoja anrief. Sie war bereits durch Elgin auf meinen Anruf vorbereitet, freute sich riesig und lud mich zwei Tage später ein, ihren gerade in Mount Lavinia, einem Vorort Colombos, stattfindenden Workshop zu besuchen.
Über diesen Besuch habe ich bereits ausführlich berichtet, und möchte deshalb einen kleinen Sprung machen.
Im Sommer 2005 hatte ich die Idee zu einer Benefiz-Filmvorführung. Man bräuchte ein Kino, und man müsste einen Film auftreiben, in dem Anoja mitgespielt hat……
Ich wusste, dass es 1996 beim Filmfest in München eine Anoja Weerasinghe-
Retrospektive gegeben hatte, aber……
Ich schrieb, in der Hoffnung er könne helfen, an den Filmproduzenten Bernd Eichinger, leider ohne Erfolg. Ich habe nie etwas von ihm gehört. Ich versuchte zumindest etwas über das Projekt der Schauspielerin bei SZ- oder AZ-Redakteuren an den Mann oder die Frau zu bringen. Auch von ihnen habe ich nie eine Antwort bekommen.
Dann riet mir eine Freundin, ich solle doch mal mit dem ehemaligen Filmfestleiter Eberhard Hauff Kontakt aufnehmen. Der könne mir bestimmt einen Rat geben. Der kenne nicht nur Gott und die Welt, sondern sei auch sehr offen und hilfsbereit.
Also schrieb ich mein Anliegen an Eberhard Hauff. 10 Tage später – ich wollte die Hoffnung schon aufgeben – lag sein ermutigendes Antwortschreiben im Briefkasten. Darin schrieb er, dass er sich selbstverständlich und gern an Anoja erinnern würde. Dass er mir rate, mich bezüglich Kino mit Steffen Kuchenreuther in Verbindung zu setzen, dass ich mich auf ihn, Eberhard Hauff, berufen könne, und dass ich versuchen solle, den Münchner Bürgermeister als Schirmherrn zu gewinnen. Wo der Film verlegt sei, wisse er leider auch nicht und könne mir nicht recht weiterhelfen, aber er wünschte noch viel Erfolg.
Also schrieb ich mein Vorhaben an Kinobetreiber Steffen Kuchenreuther, der mich kurz drauf anrief und zusagte, dass er gern ein Kino zur Verfügung stellen könne.
Zum Thema Bürgermeister sollte/musste Hep Monatzeder dran glauben. Mit ihm hatte ich im Mai 2005 schon ein Interview geführt, und ich wusste, dass er von Münchner Seite für Sri Lanka zuständig ist. Also schrieb ich eine Mail an sein Büro. Tags drauf hatte ich eine Zusage für Sonntag, den 23. Oktober.
Nur der Film an sich bereitete mir noch etwas Bauchweh. Übers Internet hatte ich heraus bekommen, dass der Film „Insel der Frauen“ beim Münchner Verleih PROKINO vertrieben worden sei. Also schrieb ich dort hin. Eine nette Dame meldete sich, teilte mir mit, dass der Film bei ihnen war, da er nun aber 15 Jahre alt sei, habe man ihn ans Deutsche Filmmuseum Frankfurt gegeben. Mit denen solle ich mich in Verbindung setzen. Ich tat.
Wieder reagierte eine nette Dame: Ja, der Film sei in der Tat bei ihnen, auf 35 mm Kopie und könne gegen Gebühr an uns ausgeliehen werden.
Ob man denn die Gebühren noch etwas senken könnte, wollte ich wissen, schließlich handle es sich um eine Benefizvorstellung. Man konnte. Wir einigten uns auf einen wirklich akzeptablen Preis und ich unterschrieb einen Leihvertrag.
Weil ich Frau Haas, der netten Filmmuseumsmitarbeiterin, mein Bauchweh bezüglich des Films mitgeteilt hatte, und dass ich ihn doch gar nicht kenne, hat die sich doch tatsächlich die Zeit genommen, mal in den Streifen reinzuschauen, um mich dann zu beruhigen: Nein, ich bräuchte mir wirklich keine Gedanken machen. Der Film sei wirklich gut, und: last but not least: sogar in deutscher Sprache.
Mein Funkhaus-Chef Matthias Keller bot mir an, er könne doch in seiner 14-tägigen sonntäglichen Cinema-Sendung einen Hinweis auf die Veranstaltung machen. Dazu bräuchte er ein wenig Musik aus dem Film. Dank Internet fand ich den Filmkomponisten zumindest namentlich schnell heraus: Tassos Ionannides, ein Grieche. Ich bat den Filmkritiker und damals maßgeblich an der Anoja Weerasinghe Retrospektive beteiligten Klaus Eder um Mithilfe. Wenige Tage später lieferte er mir Telefon- und FAX-Nummer. Ich schrieb, Tassos rief an. Leider habe er weder Band noch CD mit der Musik von „Insel der Frauen“, aber er könne mir ein anderes Band mit Filmmusik von sich schicken…..
Parallel zu dieser Tassos Ioannides-Geschichte schickte ich ebenfalls ein FAX an den australischen Regisseur Paul Cox. Zum einen bat ich ihn um die Rechte, den Film einmalig als Benefizvorführung zeigen zu dürfen, denn sie liegen bei ihm. Zum anderen bat ich, ob er vielleicht eine Kassette mit der Musik zum Film habe, die er mir schicken könne.
Einen Tag später kam ein reizendes FAX von Paul, dass ich selbstverständlich den Film zeigen dürfe. Dass er ein Musikband nach seiner Rückkehr nach Hause am 3.10. schicken würde, und dass, wenn Anoja nach Deutschland käme, auch er versuchen wolle zu kommen.
Anoja selbst hatte – nachdem ich ihr von unseren Aktivitäten mitgeteilt hatte – eine Rundmail an alle ihre Freunde in der Welt geschrieben, in der sie mitteilt, dass sie alle Hebel in Bewegung setze, um einen gesponserten Flug nach München zu bekommen. Mich bittet sie um eine offizielle Einladung, damit sie sich ein Visum beantragen kann.
Die Einladung maile ich am selben Tag nach Sri Lanka und gebe sie parallel auch noch per Post nach Colombo auf.
Als feststand, dass der Film an eben jenem Sonntag, den 23. Oktober 2005 um 11.00 Uhr im Kino Münchner Freiheit gezeigt wird hat sich Ellen Globisch rangesetzt und unsere Einladungskarten entworfen.
Über eine weitere Freundin knüpfte ich Kontakt zur Pressefrau Marga Boehle. Bei einem Cappuccino bot sie an, die Feuilleton-Redaktionen von AZ und SZ mit ins Boot zu ziehen.
Bis zum 23. Oktober 2005 hatte unser Netzwerk-Team alle Hände voll zu tun ist.
(Kathrin Seyfahrt, 25.10.2005)
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In einer gelungenen Veranstaltung und im Beisein von Anoja verlief die Benefizfilmvorführung am 23. Oktober 2005 sehr erfolgreich. Bittere Enttäuschung: Von der Presse war leider niemand gekommen.
Wunschträume/Netzwerk für Mädchen- & Frauenprojekte e.V. hat die Arbeit von Anojas’ ABHINA Foundation in 2005 mit 2.000 Euro, in 2006 mit 1.000 Euro unterstützt.