Projektreise vom 19. bis 26. Februar 2020
Pünktlich um 16.30 Uhr landet die Maschine der Air Brussels in Ouagadougou und die noch immer herrschenden 36°schlagen uns beim Verlassen des Flugzeugs entgegen. Nach kurzer Busfahrt über das Rollfeld erreichen wir die gekühlte Halle und erledigen die Einreiseformalitäten vom Ausfüllen des Fragebogens bezüglich Corona-Virus über Fingerabdrücke, Passkontrolle bis zum Einreisestempel.
Dann hören wir schon die vertraute Stimme unseres Projektleiters Sidiki Belem, der uns herzlich empfängt.
Auch unsere Koffer kommen schnell und wir verlassen den Flughafen. Draußen warten schon unsere anderen Projektleiter Mamoudou und Boureima. Das Gepäck wird verstaut und wir fahren auf den schon vertrauten Straßen zu unserem Gästehaus AMPO.
Noch einmal zur Orientierung: Sidiki Belem ist Vorsitzender der AAEDB (Association pour l’Aide à l’Enfant en Détresse aus Burkina) und Projektleiter für den Schulkomplex einschließlich Krankenstation Wend Raabo, sowie die Projekte in den Dörfern Youba und Sananga. Mamoudou Savadogo ist Vorsitzender im Verein ADSEP (Association pour le Developpement Socio Economique de Pétessiro) und zuständig für die Projekte in Pétessiro, sowie gemeinsam mit Boureima Savadogo für das Schüler-Wohnheim in Thiou.
Auf dieser Reise begleiten mich zum 2. Mal Udo Brozio, Leiter des Shanty-Chors Cuxhaven und seine Frau Inge, sowie mein lieber Ralf, der nun schon das 3. Mal dabei ist.
Da wir aufgrund der Sicherheitslage auch diesmal nur die Hauptstadt Ouagadougou besuchen konnten, kamen uns jeweils Gruppen aus unseren im Norden befindlichen Projekt-Dörfern Youba, Sananga und Pétessiro wieder zu Gespräch und Austausch entgegen.
Was in den letzten Wochen und Monaten in Burkina Faso passiert, tut weh. Umso wichtiger, die Menschen nicht im Stich zu lassen. Auch darum war diese Reise von besonderer Bedeutung. Wir wurden nicht enttäuscht und sind voll positiver Eindrücke und Erlebnisse wieder zurückgekehrt.
Da war gleich am ersten Tag unser Besuch im Wend Raabo Schulkomplex, an dem uns die Kinder singend und klatschend willkommen geheißen haben. Zusammen mit ihrer Deutschlehrerin Lorentine Kambou präsentierte uns eine Gruppe Mädchen und Jungen ein kleines Programm von Liedern, Sketchen und traditionellen Tänzen.
Daran anschließend machten wir einen Rundgang durch die Krankenstation, die einen sehr sauberen und aufgeräumten Eindruck auf uns gemacht hat. Nach wie vor bekommen alle Schülerinnen und Schüler des Schulkomplexes einmal im Jahr einen Gratis-Check-up. Alle anderen Patientinnen und Patienten müssen bezahlen.
Der leitende Chef, Major Ibrahim Somdakouma, überreichte im Namen des gesamten Teams ein Danke-Schreiben. Ein dringlicher Wunsch wird uns vorgetragen: Installation von Solar-Energie. Die Stromkosten sind sehr teuer, und es gibt auch immer wieder Ausfälle.
Des Weiteren wünscht man sich für einen Pfleger oder eine Pflegerin eine spezielle Fortbildung für Augenkunde, der/die sich dann besser um die SchülerInnen mit Sehproblemen kümmern zu können.
Aufgrund der Sicherheitslage werden für die Krankenstation jetzt immer zwei Wächter da sein: zwei am Tag von 06-18 Uhr und zwei in der Nacht von 18-06 Uhr.
Gegen Mittag gibt’s einen kleinen Lunch in der Schulbibliothek. Und dann bekomme ich ein Dankeschreiben, das mich ganz besonders rührt. Es ist von Moussa Kaboré. Moussa kenne ich seit vielen Jahren. Seine Eltern waren sehr arm. Das Schulgeld für die höhere Schule konnten sie nicht aufbringen. So wurde es von Wunschträume/Netzwerk für Mädchen- & Frauenprojekte e.V. bezahlt, wie anschließend auch seine Ausbildung für das Lehramt. Jetzt ist er selbst Lehrer an Wend Raabo und überglücklich. Nie hätte er sich träumen lassen, das zu schaffen. Er möchte sich bei allen bedanken, die das ermöglicht haben, und wünscht allen ein langes Leben, Kraft und Mut.
Auch den nächsten Tag verbringen wir am Schulkomplex Wend Raabo. 36 Frauen und Männer aus Youba, sowie 16 Frauen und Männer aus Sananga sind in Vertretung ihrer Dörfer gekommen. Sie haben die rund 200 km in die Hauptstadt in einem Viehtransporter zurückgelegt, damit sie ihre Gerätschaften, wie beispielsweise Webstühle, Solar-Trockner für Gemüse, eine Erdnuss-Schälmaschine mitbringen konnten. Wenn wir aus Sicherheitsgründen nicht in ihre Dörfer kommen dürfen, kommen sie uns entgegen um uns aktuell vorzuführen, was und wie sie dank unserer Unterstützung jetzt produzieren und verdienen können.
Mit Gesang und Tanz begrüßten uns die Frauen, bevor sie uns ihre Produkte, und wie sie entstehen, präsentierten. Da sind zum einen die herrlich und immer perfekter gewebten wunderschönen Stoffe. Und auch die kleinen Seifen ohne jegliche Zusätze und verpackt mit unserem Wunschträume-Logo sehen immer ansprechender aus. Dann die köstlichen Erdnüsse und alles, was man daraus noch machen kann (Öl, Mus, süßes Naschwerk). Die ‘Gemüsedamen‘ aus Sananga zeigten, wie sie Kartoffeln, Karotten, Bohnen, Zwiebeln und Tomaten haltbar machen. Sie hatten zur Vorführung sogar drei Solar-Trockner mitgebracht. Eingeschweißt in portionsgerechten Beuteln und professionell beschriftet verkaufen sie ihre Ware. Schade nur, dass wir so begrenzt sind in dem, was wir mitnehmen dürfen.
Auch wie eine Erdnuss-Schälmaschine arbeitet wurde uns gezeigt, und wie aus alten UNHCR-Getreidesäcken Kälberstricke gefertigt werden. Zu guter Letzt noch die Töpferfrauen aus Youba mit ihren wunderschönen Wasser- und Lebensmittel-Aufbewahrungsgefäßen. Leider sind sie aufgrund der Größe und leichter Zerbrechlichkeit nicht transportabel für den weiten Weg nach Deutschland.
Alle diese Frauen haben, bevor sie mit dem Weben, Töpfern, Seifenproduktion oder Gemüseanbau und –verarbeitung begonnen haben, einen Alphabetisierungskurs absolviert, sowie einfaches Rechnen gelernt. Sie alle können heute selbstbewusst und –sicher auftreten und ihre Waren auf den Märkten gut verkaufen. Mit dem erwirtschafteten Geld unterstützen sie ihre Familien und schicken ihre Kinder, insbesondere auch die Mädchen, in die Schule.
Mit der Ausbildung für Frauen hat Wunschträume/Netzwerk für Mädchen- & Frauenprojekte e.V. in 2010 in Youba (8.000 Einwohner) angefangen. Im Jahr 2017 begann die Ausbildung für Frauen in Sananga (3.000 Einwohner). Es ist phantastisch zu sehen und zu hören, wie positiv sich das Leben für die Frauen in den Dörfern seither verändert hat. Weitere Frauen, wurde uns berichtet, bitten um Unterstützung, damit auch sie einen Alphabetisierungskurs machen und anschließend ein Handwerk erlernen können.
Wir wollen und werden die Frauen weiterhin unterstützen, sie sind die Stützen der Gesellschaft und beweisen unendlich viel Mut und Stärke.
Nach den intensiven Gesprächen hält Ralf für 15 Jugendliche eine Mal- und Zeichenstunde, die offensichtlich allen viel Freude bereitet, und bei der erstaunliche ‘Werke‘ entstehen. Die gemalten Bilder wollen wir gegen eine Spende abgeben, die dann wieder in die Schulspeisung am Wend Raabo Schulkomplex einfließen soll.
Am späten Nachmittag kehren wir in unser Gästehaus zurück und bereiten uns auf den Abend vor. Um 19.00 Uhr ist ein Musikprogramm bei und mit den AMPO- Waisenkindern geplant. Drei Trommler sind da, einige der Kinder haben Tanz- und Jonglier-Künste einstudiert, und Udo wird den Kindern etwas von Seefahrt erzählen und mit ihnen singen. Dieser heiter-fröhliche Abend lässt für ein paar Stunden vergessen, dass im Land immer wieder schreckliche Anschläge passieren, Dörfer überfallen werden und weit über 1.000 Schulen und Krankenstationen aus Sicherheitsgründen geschlossen sind.
Zum Abschluss schenkt uns der Imam seinen Segen und wünscht uns und all unseren Unterstützer/Innen Gottes Segen. Mit einem Augenzwinkern meint er, dass Ralf doch auch einfach bleiben könnte.
Am nächsten Morgen geht es bereits um 8.00 Uhr los. Rakieta Poyga, Projektleiterin für das von uns unterstützte Gynäkologische Zentrum bei BangrNooma, die Zemstaaba-Gartenfrauen und das Centre Delwendé für die als sogenannte ‘Hexen‘ verbannten Frauen holt uns pünktlich mit ihrem Fahrer ab, denn wir haben größere Entfernungen zurückzulegen, und am Nachmittag kommt eine Delegation aus dem Dorf Pétessiro zum Gespräch.
Als erstes besuchen wir das Gynäkologische Zentrum, wo bereits mehrere Frauen auf ihre Untersuchung warten. Jeden Samstag kommt die Hebamme, untersucht und berät Mädchen und Frauen kostenlos. Inge und ich haben die Möglichkeit bei einer Untersuchung dabei sein zu dürfen. Eine 35jährige Frau, Mutter von 4 Kindern, lässt einen Abstrich machen und ihre Brust vorsorglich untersuchen. Sehr behutsam arbeitet die Hebamme und äußerst sensibel erklärt sie der Frau, wie sie künftig ihre Brust auch selbst abtasten kann. Bei ihr ist alles in Ordnung. Sie bekommt den Eintrag in ihr Gesundheitsheft.
Jeden Mittwoch kommt eine Psychologin und berät, ebenfalls kostenlos, Mädchen und Frauen, die sexuelle Gewalt oder Übergriffe erfahren haben.
Diese Einrichtung erscheint uns mehr als wichtig. Sie kostet rund 3.000 Euro im Jahr (Lohn für Hebamme und Psychologin sowie Materialkosten und medizinisches Gerät). Die Kosten für dieses laufende Jahr 2020 können wir dank ausreichender Spenden voll übernehmen. Wir hoffen, sie auch für das nächste Jahr wieder voll aufbringen zu können.
Von BangrNooma fahren wir weiter zum Centre Delwendé, wo es eine neue Schwester als Leiterin gibt. Viele der derzeit dort lebenden 200 Frauen hatten sich, alle fein herausgeputzt, versammelt, denn es sollte mittags ein Essen stattfinden, das eine dänische Organisation gespendet hat.
Die Schwester und ihr Team bedankt sich noch einmal sehr herzlich für das Weihnachts- und Neujahrsessen, das wir seit einigen Jahren finanzieren. Außerdem für eine wertvolle Medikamentenspende. Spontan standen die Frauen auf und sangen ein Lied für uns.
Vom Centre Delwendé ging es weiter zu den Zemstaaba-Gartenfrauen, die uns ebenfalls herzlich empfangen. Wie immer ist es eine große Freude zu sehen, wie es hier grünt und wächst. Und mir erschien es, als würde in diesem Jahr alles besonders üppig gedeihen. Wie schön auch, die aus Walsrode gespendeten, wunderbaren roten Falteimer einsatzbereit zu sehen. Hier könnten noch einige weitere gebraucht werden.
Auch diesmal begeisterte Udo die Frauen mit einem Lied zum Mitsingen und Tanzen. Inmitten vom lauten und staubigen Ouagadougou ist dieser Garten ein wahrhaft kleines Paradies. Und es bewahrheitet sich einmal mehr: wo es Wasser gibt, und ein paar fleißige Hände, da wächst es binnen kürzester Zeit.
Die Zemstaaba-Gartenfrauen geben inzwischen auch ihre Kenntnisse an andere Frauen weiter und bilden sie aus in Gemüse- und Salatanbau.
Wir fahren zurück zu AMPO, wo schon die kleine Delegation aus Pétessiro auf mich wartet. Fünf Minuten Erholung, dann geht es weiter. Wir nehmen rund um den Tisch Platz, dann bedanken sich die Sprecherinnen und Sprecher des Dorfes für unsere treue Unterstützung, gerade auch jetzt in diesen unsicheren Zeiten. Besonders dankbar sind sie für den an Weihnachten in Betrieb genommenen Brunnen.
Sie berichten, wie sich die Lage im Norden zuspitzt, und dass die Schule jetzt geschlossen sei. Die Lehrer kommen nicht mehr – aus Angst vor Überfällen. Pétessiro sei noch so ein kleiner Fels in der Brandung, die meisten umliegenden Dörfer seien schon einmal überfallen worden. Die Krankenstation ist nach wie vor in Betrieb – derzeit die einzige in der Region. Die Menschen haben Angst, aber sie versuchen sich gegenseitig zu wappnen und treffen Sicherheitsvorkehrungen. So haben sie alle Hinweise auf irgendwelche ‘westlichen Unterstützungsorganisationen‘ wie Logos von Wunschträume, Hand-in-Hand Fonds sowie Augstein Stiftung abmontiert. Wertvolle Gegenstände wie Webstühle, Imkerei-Gerätschaften etc. haben sie in Sicherheit (ins Schülerwohnheim in Thiou) gebracht. Man wolle keine Angriffsmöglichkeiten geben. Man will sich aber auch nicht unterkriegen lassen.
Das Schülerwohnheim in Thiou bietet derzeit 40 jüngeren Schülerinnen und Schülern feste Unterkunft, damit sie weiterhin in die Schule gehen können – jetzt eben in der Stadt. Die 30 Jugendlichen, die eigentlich im Wohnheim wohnen, besuchen weiterhin die höhere Schule, pendeln aber täglich die 10 Kilometer zwischen Pétessiro und Thiou in Begleitung zweier Erwachsener. Not macht erfinderisch und hilfsbereit. Mittags bekommen alle 70 eine warme Mahlzeit.
Der Brunnen im Wohnheim funktioniert bestens. Die Solar-Installation musste aus Sicherheitsgründen nochmals verschoben werden. Auf der 200 Kilometer langen Strecke zwischen Ouagadougou und Thiou kommt es immer wieder zu Zwischenfällen – zu gefährlich für die Mitarbeiter von Souleymane Sow. Sobald es möglich ist, soll die Installation erfolgen.
Souleymane Sow ist unser zuverlässiger Fachmann für alle Solar-Angelegenheiten und war an diesem Nachmittag auch zum Gespräch gekommen. Er spricht fließend Deutsch, das vereinfacht die Kommunikation für mich erheblich. Er wird auch die Reparaturen und alle Erneuerungen im Wend Raabo Schukomplex vornehmen, sowie die Krankenstation Wend Raabo mit Solar ausstatten. Für diese liegt ein Kostenvoranschlag über umgerechnet 8.500 Euro vor. Soeben hat die Schweizer Stiftung Fons Margarita 6.000 Euro Unterstützung zugesagt. Wunschträume zahlt 2.000 Euro und 500 Euro kommen von Wend Raabo. Die Krankenstation soll vorrangig ausgestattet werden, denn hier ist rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche Betrieb.
Für alle Klassenzimmer (Grund- und Höhere Schule), die Bibliothek sowie das Informatikzentrum sind weitere 16.000 Euro vonnöten. Hier werden wir weitere Sponsoren suchen müssen. Dann können die Räumlichkeiten peu à peu ausgestattet werden.
Ein anstrengender Tag geht zu Ende. So freue ich mich auf einen abendlichen Austausch mit Ralf, Udo und Inge bei einem leckeren Essen und einem Gläschen Wein.
Der nächste Tag ist Sonntag, und wir können etwas länger schlafen. Rakieta und ihr Mann holen uns erst um 10.00 Uhr ab. Sie wollen uns einen Platz etwas außerhalb der Stadt zeigen, wo ein neues Garten-Projekt für Frauen entstehen, und ein Brunnen gebaut werden soll. Es geht vorbei am Wend Raabo Schulkomplex, am Neubau der Universität II von Ouagadougou, vorbei an vielen Baustellen für neue Straßen-Querverbindungen. Schön zu sehen und zu hören, dass diese Baustellen alle in afrikanischer Hand liegen.
Dann erreichen wir den Ort, der für ein neues Frauenprojekt unter den ‘Aufsicht‘ von BangrNooma zur Verfügung gestellt werden soll. Das hier ist er:
Zugegeben, im Moment schwer vorstellbar, dass hier je etwas wachsen soll. Aber ich denke an Zemstaaba und so manchen Ort, wo es Wasser gibt…..
Inzwischen, habe ich von Rakieta gehört, hat eine Prüfung stattgefunden: Wasser gibt es. Es muss nur auch wieder sehr tief gebohrt werden. Es wird demnächst ein Kostenvoranschlag kommen. Für diesen Brunnen soll dann am 4. September das Benefizkonzert des Shanty-Chors Cuxhaven stattfinden.
Wir fahren zurück und etwas genauer durch das Neubaugelände der Universität II. Es wird ein schöner Campus werden. Im November dieses Jahres soll er fertig sein.
Anschließend besuchen wir das NALA-Haus. NALA steht für: ‘Nachhaltig. Aktiv. Lebensnah. Aufklärend.‘ und ist der Verein meiner Freundin Fadumo Korn aus München. Schwerpunkt der NALA-Arbeit: Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung. Im NALA-Haus können Veranstaltungen, Workshops, Untersuchungen stattfinden; auf dem Gelände gibt es einen Brunnen und etwa 200
Frauen finden Arbeit im Anbau von Gemüse und Salat. Wunderbare Arbeit.
Auf dem Weg zurück in die Stadt machen wir noch einen klein Stopp im Großen Krankenhaus von Ouagadougou, um das Mädchen Jessica und ihre Eltern zu besuchen. Die inzwischen 17jährige Jessica ist krank und muss zweimal die Woche zur Dialyse. Über Rakieta Poyga hatten wir im vergangenen Jahr von dem Mädchen erfahren. Wir wollten gern helfen, und tun dies in Zusammenarbeit mit einer Ärztin und guten Freundin Rakietas in Berlin.
Rakieta und ich durften kurz zu Jessica in den Raum, in dem auch andere Patient/Innen gerade an der Dialyse hingen. Dieser Gebäudetrakt des riesigen Krankenhauses macht einen einfachen, aber doch guten und sehr sauberen Eindruck. Mit Krankenhäusern bei uns jedoch keineswegs auch nur annähernd vergleichbar.
Den Sonntagnachmittag verbringen auch wir geruhsam im Gästehaus mit Schreiben, Malen, Lesen…. und der Bekanntschaft einer reizenden jungen Dame – Alina Behrens – die, wie sie uns erzählte, seit 1 ½ Jahren in Ouagadougou lebt und für die Welthungerhilfe arbeitet. Sie fühlt sich sehr wohl und sicher in Burkina Faso, und möchte, wenn möglich, auch noch weiter ihren Vertrag verlängern. Spontan lade ich sie zu unserem Abschieds-Diner am Dienstagabend ein, um sie auch gern mit unseren Projektleitern bekannt zu machen. Netzwerk eben….
Am folgenden Montag steht uns ein weiterer, etwas anstrengender Tag bevor, denn wir haben lange Autofahrten vor uns. Solange es auf asphaltierten Straßen geht, kein Problem, aber alle Nebenstrecken sind eben Sandpisten mit zum Teil sehr tiefen Löchern. Hier machen Landrover Sinn.
Wir besuchen am Vormittag die Schule Wend Songa von Tasseré Derra. Tasseré kenne ich auch schon sehr lange. Er ist kein direkter Projektleiter unserer Wunschträume, aber seine Schule (inzwischen auch Grund- und Höhere Schule) sowie Kindergarten sind ein bisschen nach dem Modell Wend Raabo von Sidiki Belem entstanden. Die beiden schätzen sich auch gegenseitig. Tasserés‘ Schule liegt in einem sehr armen Stadtteil von Ouagadougou, und ich führe immer gern alle Besucher dorthin. Auch um zu zeigen, was Menschen im Land für ihr Land tun, und die Arbeit von Tasseré ist sehr bemerkenswert. 1.100 Kinder besuchen den Komplex. Kinder, die in dieser Gegend sonst kaum eine Chance auf Bildung hätten.
Von Tasserés‘ Schule geht es stadteinwärts – großes Aufatmen beim Wieder- Erlangen der Asphaltstraße – und durch die ganze Stadt wieder am anderen Ende raus, vorbei an Wend Raabo, bis hin zu ‘Terra Verde‘ dem wunderbaren Umwelt- Projekt von Melchior Landolt.
Auch Tasseré hat uns dorthin begleitet, denn er kannte das Projektgelände noch nicht. Ebenso war es für Inge und Udo neu. Melchior, der früher für die GIZ ein großes landwirtschaftliches Projekt in Burkina Faso betreut hat, welches aus eigentlich nicht nachvollziehbaren Gründen eingestellt wurde, betreibt mit seinem Co- Partner Oumarou Ouedraogo ein Projekt, in dem die Arbeit von damals weitergeht, und in dem Schüler/Innen in aktuellen Umweltfragen unterrichtet werden können. Derzeit wird eine Radio-Station auf dem Gelände eingerichtet, von wo aus Podcasts und Aufklärungskampagnen gesendet werden sollen.
Ein Besuch bei Terra Verde bedeutet auch immer, einem Mann zu begegnen, der interessant und mitreißend erzählen kann, und der vor allem Visionen hat, die er sich nicht scheut, sie auch umzusetzen.
Am späten Nachmittag kehren wir alle etwas erschöpft in unser Gästhaus zurück. Das Restaurant hat eigentlich seinen Ruhetag, aber das Team war so nett und hat Spaghetti Bolognese für uns gekocht. Noch lange sprechen wir über unsere Eindrücke des Tages.
Am nächsten Tag ist noch einmal der Schulkomplex Wend Raabo auf dem Programm, denn es heißt langsam Abschied nehmen. Noch einmal ein Besuch in verschiedenen Schulklassen, wo Udo mit den Kindern singt, bei den Schulköchinnen und Gespräche mit dem Elternbeirat, der mir ein besonderes Geschenk des Dankes überreicht. Nach kleinem Lunch in der Bibliothek und kurzer Verschnaufpause brechen wir zusammen mit Sidiki auf zur Deutschen Botschaft, wo wir um 15.00 Uhr vom Botschafter Ingo Herbert erwartet werden.
Auf all meinen Reisen nach Burkina Faso war es mir ein Anliegen, auch einen Termin in der Botschaft zu Gespräch und Austausch zu haben. Mir ist wichtig, dass auch dort bekannt ist, was wir im Land tun und bewegen.
So hatten wir auch diesmal wieder ein intensives und ausführliches Gespräch mit Botschafter Ingo Herbert, den wir bereits von unseren letzten Besuchen kannten. Schade nur, dass er im Sommer dieses Jahres an die Botschaft in Abidjan/Elfenbeinküste wechselt. Aber alles zwei bis drei Jahre findet eben ein Wechsel statt.
Am Abend fand dann das traditionelle Abschieds-Diner bei AMPO statt. Diesmal waren wir 18 Personen und eine so wunderbar bunte, munter schwätzende Gesellschaft. Leider fehlten Melchior und Oumarou, dafür war Alina gekommen und hatten Sidiki, Mamoudou und Boureima ihre Frauen mitgebracht. Auch der Direktor von AMPO Denis Yameogo war dabei. Sich gemeinsam austauschen und netzwerken, die Menschen untereinander bekannt machen. Schön, zu sehen, wie es hier gelingt.
Am nächsten Tag, unserem Abreisetag, hatten wir einheitlich das Gefühl, dass wir eigentlich gern noch ein paar Tage länger bleiben würden. Sidiki kam um 10.00 Uhr und holte uns zu einem Besuch im ‘Village Artisanal‘, ab dem kleinen Künstlerdorf, wo wir noch ein paar Mitbringsel für die Lieben zuhause aussuchten. Auch dort war von der schwierigen Lage im Land zu spüren, denn es waren wesentlich weniger Künstler/Aussteller dort. Viele der Stände waren leer und verwaist. Es kommen eben derzeit so gut wie keine Fremden ins Land. Eine schnelle Änderung scheint auch leider nicht in Sicht zu sein.
Der Nachmittag ist mit Koffer packen, Rechnungen zahlen, verabschieden hier und da ausgefüllt. Noch ein bisschen ausruhen. Lorentine, Rakieta, Boureima und Tasseré sagen Lebewohl.
Um 19.00 Uhr holen uns Sidiki und Mamoudou zur Fahrt zum Flughafen ab. Die Ausreiseformalitäten gehen diesmal erstaunlich reibungslos, und eh wir uns versehen sitzen wir entspannt im Wartebereich der Abflughalle. Wenig später trifft auch Melchior dort ein, er fliegt mit uns gemeinsam zurück nach Deutschland.
Unsere Air Brussels-Maschine hebt pünktlich um 22.30 Uhr vom Boden ab und bringt uns sicher nach Brüssel, wo wir um 5.00 Uhr früh landen. Nach einer etwas von Müdigkeit geprägten Zeit geht es um 9.20 Uhr weiter, um 10.30 Uhr erreichen wir den Hamburger Flughafen. Unsere Koffer kommen relativ schnell, dann heißt es auch von Udo und Inge Abschied nehmen, die noch nach Cuxhaven weiter müssen. Eine unglaublich schöne und erfüllte Reise ist zu Ende, von der wir alle lange, lange, lange werden erzählen können.
Eine Reise nach Burkina Faso ist keine Urlaubsreise. Die Stadt Ouagadougou ist heiß (täglich um die 40°), enorm staubig (wir hatten Harmattan, ein heißer, trockener Landwind) und laut (nachts könnte man meinen, der LKW fährt direkt durchs Zimmer). Dennoch ist eine Reise nach Burkina Faso immer ein Auftanken. Ein Auftanken von Wärme, bunten Farben, fröhlichen, lachenden Gesichtern, unglaublicher Herzlichkeit, und dem schönen Gefühl, hier mit Hilfe der uns anvertrauten Spendengelder wirklich etwas bewirken zu können.
Möge es dem Land beschieden sein, den Terrorismus zu bezwingen und wieder zu inneren Frieden zu finden. Inshallah!
Kathrin Seyfahrt
08. März 2020